Die Verwandlung persönlicher Nöte in die Frage volksdienlicher Regierung:
„Rechtspopulisten versprechen nichts Soziales“
Zeitgeist = politische Kultur: Ruf nach Sicherheit
Fragen, die wir das nächste Mal besprechen wollen:
Die Verwandlung persönlicher Nöte in die Frage volksdienlicher Regierung:
Ein selbstbewusster Staatsbürger hat in der Regel in dieser Gesellschaft eine Menge Gründe für persönliche Unzufriedenheit. Das merkt man daran, dass er sehr oft über seine Lage klagt. Wenn man die Klage genauer betrachtet, dann kann man feststellen, dass eine Verwandlung vorliegt: Seine kleinen Nöte oder auch Existenzfragen sind Ausgangspunkt. Wenn daraus Forderungen abgeleitet werden, fällt auf, dass das, was ihm fehlt, dabei nicht mehr vorkommt. Er fragt nicht, warum dies oder das fehlt.
Im Gegenteil tut er so als sei alles gut, wenn der Staat darin Gerechtigkeit walten ließe, dass er zuerst Einheimische bedient. Der Inhalt staatlicher Dienste wird nicht darauf hin untersucht, warum der Staat z.B. Wohngeld für nötig hält oder KiTa-Plätze nur begrenzt fördert. Es fragt sich auch keiner, warum das Arbeitslosengeld so gering ist oder Hartz-IV überhaupt zugeteilt wird.
Mit dem Deuten auf „nur mal ein Beispiel: Wenn eine deutsche Familie keinen Platz mehr bekommt, aber in der KiTa auch Nicht-Deutsche drin sind“, wird das dann als empörende Ungerechtigkeit gegeißelt. KiTa-Plätze kosten etwas, sind also nicht umsonst. Trotzdem sind sie begrenzt. Wenn Geld allein die Konkurrenz um gute und ausreichende Kinderbetreuung regeln würde, bräuchte man halt genügend davon, dass es auch dafür reicht, dass andere damit ein Geschäft machen können, ohne auf staatliche Förderung angewiesen zu sein. Das fordert keiner, der Ungerechtigkeit auf dem Gebiet anklagt. Erst recht nicht wird gefordert, dass KiTa-Plätze nach ganz anderen Gesichtspunkten eingerichtet werden.
Schuldige für einen Mangel werden unter seinesgleichen gesucht, da wo noch ärmere Opfer der Konkurrenz zu finden sind: Nicht-Deutsche, Asylanten, Geflüchtete, … Nicht die Konkurrenz wird kritisiert, sondern die Mit-Konkurrenten um ein begrenztes Gut. Auffällig dabei ist, wie sortiert wird in berechtigte und unberechtigte Konkurrenten. Würde einer kommen und Haarfarbe oder Körpergröße als Maßstab fordern, fiele jedem die Absurdität auf. Aber das Verhältnis des Konkurrenten zur Staatsgewalt gilt als passender Maßstab. Damit ist etwas Entscheidendes geleistet: Der Staat wird als Dienstleister betrachtet – nur für die, die ihm gehören. Sein Dienst besteht jetzt im Herstellen einer Gerechtigkeit der Konkurrenz. Der Staat legt fest, wer zu ihm gehört und wer nicht. Der Untertan dagegen fasst das Verhältnis so: Der Staat dient uns.
Was das „UNS“ ausmacht, ist Inhalt endloser Debatten nationaler Identität. Keiner will die Banalität gelten lassen: Der Personalausweis legt es fest.
Die Frage die sich heute viele Unzufriedene stellen, ist: Wird der Staat seiner angeblichen Dienerrolle am Volk gerecht. Damit ist man/frau gut vorbereitet für die Ansprache rechter Argumente. Die haben eigentlich nur ein Thema: Ist der Staat stark genug – wofür darf sich jeder selber denken. Deswegen ist es abwegig beweisen zu wollen:
„Rechtspopulisten versprechen nichts Soziales“
Als Bebilderung was einen starken Staat ausmacht, kann ein Rechter wie z.B. ein AfD – Politiker alles Mögliche anführen. Es ist ihm immer nur Bild für sein einziges Thema: Setzt der Staat sich durch.
Die Warnung: „Die tun euch nichts Gutes!“ trifft einen Nationalisten nicht.
Denn er hat gar nichts Gutes für sich gefordert, als er „Gerechtigkeit für das Volk“ rief.
Sich selbstbewusst als Teil eines Volkskörpers in Szene zu setzen, heißt: Hier bin ich Untertan und verlange eine gute Herrschaft.
Zeitgeist = politische Kultur: Ruf nach Sicherheit
Während des Zustroms von Geflüchteten aus Kriegsgebieten wurde noch über Fluchtursachen und Imperialismus diskutiert. Ein ertrunkenes Kleinkind vor der griechischen Küste empörte die Menschheit auf der ganzen Welt. Die BILD-Zeitung titelte: „Das darf nie wieder passieren!“
Inzwischen ist vor der nationalen Verunsicherung der Humanismus gewichen. Wer im Mittelmeer noch ertrinkt, erntet die zynische Ablehnung, er hätte es doch nun endlich wissen können, dass man zu uns nicht kommen brauche. …
Fragen, die wir das nächste Mal besprechen wollen:
Was ist radikaler Nationalismus im Unterschied zu normalem Nationalismus?
Was ist das das Besondere an „Amerika first?“ Donald Trump – ein Rüpel – aber kaum ist er Präsident, gilt er schon als viel gemäßigter. Woher kommt das?
Der nächste dritte Donnerstag im Monat ist der 16. Februar – um 19:30 Uhr im KulturladenWestend Ligsalzstr. 44, Hinterhof